Unreifer Bayern-Spieler: Wirre Impulse

Außenverteidiger C. L. hat sich in die Startformation des FC Bayern gespielt, außerhalb des Platzes offenbart er aber noch erhebliche Unreife.

Ein Fussballer steht auf einem Ball vor dem Tor

Immerhin ein stabiles Element der Abwehr Bild: Shotshop/imago

MÜNCHEN taz Es waren zwei sehr unterschiedliche Zahlbescheide, die C. L. in den vergangenen Wochen von staatlicher Seite erhalten hat. Der erste trifft ihn, den gut alimentierten Profikicker des FC Bayern München, empfindlich. 160.000 Euro muss er zahlen wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung. Im Februar 2007 hatte der alkoholisierte L. nachts vor einer Münchner Disko seine Freundin mit der Faust in den Bauch geschlagen und war dann gegen Polizisten ausfällig geworden. Die 250 Euro, die L. zahlen muss – plus einen Monat Führerscheinentzug -, weil er im Oktober 2007 mit 0,9 Promille am Steuer erwischt worden war, sind für ihn leichter zu verschmerzen.

Mit den privaten Eskapaden hat er seinen beruflichen Aufstieg höchst öffentlichkeitswirksam, aber auch imageschädigend flankiert. Der FC Bayern hat die Ausritte des Rechtsverteidigers bislang erstaunlich langmütig hingenommen. Die Bosse sind nicht gewillt, ihr Eigengewächs, das in einem engen Konkurrenzkampf mit dem Franzosen Willy Sagnol zurzeit die Nase vorn hat, fallenzulassen. Am Mittwoch im Pokal-Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg (20.30 Uhr, ARD) dürfte L. ein Platz in der Startelf sicher sein; Sagnol ist ohnehin verletzt.

Als L. zum ersten Mal gegen seine Freundin ausfällig geworden war, verhängten die Bayern eine Geldstrafe. Im vergangenen November aber stand L. schon wieder in dicken Lettern auf Münchens Zeitungskästen. Wieder hatte er nach einem Streit auf offener Straße seine Freundin attackiert. Diesmal griff Trainer Ottmar Hitzfeld zur Offensivverteidigung. Obwohl L. noch in der Nacht vorm Heimspiel gegen Wolfsburg von der Polizei verhört worden war, brachte Ottmar Hitzfeld ihn in der Startelf. „Das ist ein Vorfall, der uns sehr stört. Aber so wie es derzeit dargestellt wird, muss man ihn in Schutz nehmen. Wer die Hintergründe kennt, sieht die Sache anders“, sagte der Trainer ein paar Tage später.

L. ist mittlerweile zu Kreuze gekrochen. In einem Interview mit der Bunten sprach er über seine „grundlose Eifersucht“, wegen der seine „große Liebe zu Bruch gegangen sei“. Er scheint begriffen haben, dass er nun in München unter besonderer Beobachtung steht. Die Rolle als Identifikationsfigur hat er verspielt. Dabei ist der 23-Jährige nicht nur wie Philipp Lahm und Andreas Ottl gebürtiger Münchner, er ist sogar nur wenige hundert Meter vom Bayern-Gelände an der Säbener Straße in einer Mietwohnung mit alleinerziehender Mutter aufgewachsen. Mit acht Jahren kam er zum FC Bayern, durchlief die Jugendabteilung. Mit 19 unterschrieb er einen Profivertrag und ließ sich dann für zwei Lehrjahre an den 1. FC Köln verleihen.

Für seine gelegentlichen Auftritte in der vergangenen Saison hatte L. noch Beurteilungen wie „Fehlpasskönig“, „vermeintliches Talent“ und „überfordert“ geerntet. Doch nun gilt es als ausgemacht, dass L. einer der Profiteure der Großinvestition des Sommers ist. Sein Leistungssprung hängt mit der höheren Qualität im Kader zusammen. So fand sein Aufstieg im Verborgenen statt. Ribéry, Klose und Toni absorbieren so viel Aufmerksamkeit, dass auf die Entwicklung eines Außenverteidigers nicht mehr viel Licht fällt. L. ist aber bei bisher 24 Spieltagen auf 21 Einsätze gekommen – er nutzte die Chance, die sich ihm bot, weil Sagnol im ersten Saisondrittel verletzt aussetzen musste.

„Christian hat eine fantastische Entwicklung genommen“, lobt Bayernmanager Uli Hoeneß. L. ist zwar ein stabiles Element der Abwehr, die erst 13 Gegentore in der Liga zugelassen hat. Mit den im modernen Fußball auch von seiner Position aus erwarteten Offensivimpulsen tut er sich aber schwer. Doch seine fußballerischen Defizite sind im Moment zu verschmerzen.

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